1.
Die Eingliederung des Elementarbereichs in die alleinige Zuständigkeit des Bildungsministeriums und ein Bundesgesetz
Die Qualität einer elementaren Bildungseinrichtung ist zentral, um die Entwicklung der Kinder adäquat zu begleiten. Einrichtungen mit niedriger Qualität können negative Effekte auf die Entwicklung, vor allem bei unter 3-jährigen Kindern bewirken (siehe Überblick Melhuish et al. 2015 oder Anders 2013). Daher braucht es österreichweit einheitliche Rahmenbedingungen, die pädagogische Qualität [1] ermöglichen.
Die Gesetzgebung und -vollziehung des elementaren Bildungsbereichs liegt in Österreich auf der Kompetenzebene der Länder. Dies führt dazu, dass neun verschiedene Kinderbildungs- und -betreuungsgesetze vorliegen. Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Strukturbedingungen gelten wiederum unterschiedliche Gehalts- und Dienstrechtsregelungen. Demzufolge herrscht in den Bundesländern eine divergierende pädagogische Qualität (vgl. Hartel et al. 2018, S. 184f.).
Mit der Implementierung des bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlans (BRPL) im Jahr 2009 wurde der eigenständige Bildungsauftrag von elementaren Bildungseinrichtungen verdeutlicht und eine Qualitätssicherung bzw. -steigerung angestrebt. Bei der Implementierung des BRPL wurde je nach Bundesland unterschiedlich vorgegangen – ein bundesweites Implementierungskonzept fehlt. Die Elementarpädagog:innen stehen dem Inhalt des BRPL positiv gegenüber. Mangelnde personelle sowie zeitliche Ressourcen stellen jedoch Barrieren bei der Umsetzung des BRPL dar (Cafuta 2017, S. 203f.). Um dem Bildungsauftrag gerecht werden zu können, braucht es allerdings hohe Qualitätsstandards – und zwar bundesweit.
Ein Bundesgesetz, das sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, wird hohe Qualitätsstandards sicherstellen. Diese umfassen Bereiche der Strukturqualität, wie Gruppengröße, Pädagog:innen-Kind-Relation, Raumgröße und mittelbare Arbeitszeit (,,Vorbereitungszeit“). Langfristig braucht es eine Änderung der Bundesverfassung, um den elementaren Bildungsbereich in die alleinige Zuständigkeit des Bundes einzugliedern. Daraus resultiert eine effizientere und wirkungsvollere Steuerung des Bildungssystems, insbesondere bei der Qualitätssicherung in elementaren Bildungseinrichtungen sowie beim Übergang zwischen Kindergarten und Schule. Ein einheitliches Bildungsrahmengesetz muss weiterhin die autonome Gestaltung von Organisationsstrukturen und Personalentscheidungen (in Anlehnung an das Autonomiepaket für Schulen [2]) ermöglichen, um adäquat auf die individuellen Bedürfnisse und Bedingungen der jeweiligen Standorte reagieren zu können.
Die Implementierung eines einheitlichen Bundesgesetzes sowie die damit einhergehende Anpassung der Rahmenbedingungen an wissenschaftliche Erkenntnisse wird zusätzliche Kosten verursachen. In Österreich werden 0,7 % des BIP in den Bereich der Elementarbildung investiert. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 0,9 %, während die nordischen Länder (Norwegen 2 %, Schweden 1,8 %, Island 1,8 %, Dänemark 1,3 %, Finnland 1,2 %) deutlich mehr in die Bildung von jungen Kindern investieren (vgl. OECD 2021, S. 202). Wir fordern 1 % des BIP als Investition in elementare Bildung, um die Qualitätsstandards auf ein angemessenes Niveau heben zu können!
[1] ,,Pädagogische Qualität in einem Kindergarten (oder einer anderen pädagogischen Umwelt wie z.B. Familie, Krippe, Kindertagespflege) ist dann gegeben, wenn die jeweiligen pädagogischen Orientierungen, Strukturen und Prozesse das körperliche, emotionale, soziale und intellektuelle Wohlbefinden und die Entwicklung und Bildung der Kinder in diesen Bereichen aktuell wie auch auf Zukunft gerichtet fördern und die Familien in ihrer Betreuungs- und Erziehungsaufgabe unterstützen“ (Tietze 2008, S. 17).
[2] Siehe dazu: https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/zrp/bilref/ap.html (Zugriff 8.12.2021).