Forderung 2

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2.
Eine den wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechende Pädagog:innen-Kind-Relation mit entsprechender Gruppengröße

Elementare Bildungseinrichtungen mit hoher pädagogischer Qualität haben positive Effekte auf die Entwicklung der Kinder. Eine wichtige Voraussetzung für gelingende elementare Bildungsprozesse ist eine hohe Qualität dieser Prozesse (vgl. Kluczniok 2018, S. 416; Anders 2013, S. 263).

Ein zentrales Merkmal der pädagogischen Prozessqualität ist die Interaktionsqualität zwischen pädagogischem Fachpersonal und Kindern (vgl. Viernickel/Fuchs-Rechlin 2016, S. 35). Die Häufigkeit und Qualität der Pädagog:innen-Kind-Interaktion stellt eine wichtige Voraussetzung für Bildungsprozesse dar, denn über Interaktionsprozesse werden in der frühen Kindheit grundlegende Kompetenzen erworben (vgl. Keller/Trösch/Grob 2013, S. 87ff.). Merkmale einer guten Interaktionsqualität sind eine hohe Feinfühligkeit der Fachkraft hinsichtlich lernbezogener und emotionaler Bedürfnisse der Kinder sowie Verhaltensweisen der Fachkraft, die eigenaktive Denkprozesse der Kinder anregen. Weiters sind die Feedbackqualität und Unterstützung des sprachlichen Lernens zentrale Komponenten einer hohen Interaktionsqualität (vgl. Wirts/Wertfein/Wildgruber 2017, S. 60ff.).

Empirische Studien belegen, dass die Prozessqualität von der Pädagog:innen-Kind-Relation sowie von der Qualifikation des pädagogischen Fachpersonals beeinflusst wird. Eine günstige Pädagog:innen-Kind-Relation ermöglicht pädagogische Interaktionen und bildungsanregende Impulse, die eine sichere emotionale Beziehung fördern und die Autonomie und Selbstwirksamkeit der Kinder unterstützen. Eine angemessene Pädagog:innen-Kind-Relation wirkt sich außerdem positiv auf räumlich-materielle Arrangements aus (vgl. Viernickel/Fuchs-Rechlin 2016, S. 50). In der BIKE-Studie (Bedingungsfaktoren für gelingende Interaktionen zwischen ErzieherInnen und Kindern) zeigte sich, dass die Qualität der Pädagog:innen-Kind-Interaktion mit der Anzahl der an einem Bildungsangebot beteiligten Kinder zusammenhängt. Eine geringere Anzahl von Kindern ermöglicht eine bessere emotionale Unterstützung der einzelnen Kinder, eine bessere Organisation der Lernsituation sowie eine angemessene Lernunterstützung (vgl. Wertfein/Wirts/Wildgruber 2015, S. 23).

Die Pädagog:innen-Kind-Relation ist definitorisch und rechnerisch vom Personalschlüssel zu unterscheiden. Der Personalschlüssel ist ein statistischer Wert, der die gesamte Arbeitszeit einer Person berücksichtigt und somit das Verhältnis von verfügbarem Personal und betreuten Kindern darstellt. Darin enthalten sind die unmittelbare Arbeitszeit, die mittelbare pädagogische Arbeitszeit (Dokumentation, Elterngespräche, Teamsitzungen, Vor- und Nachbereitung der unmittelbaren Arbeitszeit) sowie Ausfallzeiten durch Krankheit, Fortbildung und Urlaub. Die Pädagog:innen-Kind-Relation hingegen berücksichtigt nur die unmittelbare Arbeitszeit, welche eine pädagogische Fachkraft in direkter Interaktion mit den Kindern verbringt. Das heißt: Der Personalschlüssel sagt nichts über den zeitlichen Umfang, den eine pädagogische Fachkraft in Interaktion mit den Kindern verbringt, aus (vgl. Viernickel et al. 2013, S. 6).

In Österreich wird die Assistenzkraft ebenfalls zum Personalschlüssel gezählt. Bei der Berechnung der Pädagog:innen-Kind-Relation müssten Zeiten der Assistenzkraft für hauswirtschaftliche Tätigkeiten ebenfalls Berücksichtigung finden.

Bei der Festlegung einer idealen Pädagog:innen-Kind-Relation ist auch das Alter der Kinder miteinzubeziehen. Basierend auf empirischen Daten fordern Viernickel und Fuchs-Rechlin (2016) folgende Relationen:

Pädagog:innen-Kind-Relation
(vgl. Viernickel/Fuchs-Rechlin 2016, S. 78ff.)

Darüber hinaus sollte der erhöhte Förderbedarf von Kindern in Armutslagen, Kinder mit Deutsch als Zweitsprache und Kinder mit Beeinträchtigung oder erhöhtem Unterstützungsbedarf in der Berechnung der Pädagog:innen-Kind-Relation Berücksichtigung finden. Viernickel und Fuchs-Rechlin empfehlen für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache und Kinder in Armutslagen die Reduzierung der Fachkraft-Kind-Relation um den Faktor 1,4. Das entspricht einer Fachkraft-Kind-Relation von 1 zu 3 bei den Ein- bis Unterdreijährigen und einer Fachkraft-Kind-Relation von 1 zu 6 bei Kindern im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt. Für Kinder mit Beeinträchtigung oder erhöhtem Unterstützungsbedarf ist eine Absenkung um den Faktor 4,5 auf eine Fachkraft-Kind-Relation von 1 zu 2 empfohlen (Vgl. Viernickel/Fuchs-Rechlin 2016, S.78f.).

Viernickel und Fuchs-Rechlin (2016) definieren die Gruppengröße, neben der Pädagog:innen-Kind-Relation, als weiteres bedeutendes Merkmal von Strukturqualität. Gruppengröße meint die Kinderanzahl, welche einer organisatorischen Einheit, wie einer Kindergartengruppe, zugerechnet werden (vgl. Viernickel/Fuchs-Rechlin 2016, S. 34).

Die National Health and Safety Standards der American Pediatric Association et al. (2011) empfehlen für Kinder unter einem Lebensjahr eine maximale Gruppengröße von sechs Kindern und für ein- und zweijährige Kinder eine maximale Gruppengröße von acht Kindern (vgl. Viernickel/Fuchs-Rechlin 2016, S. 43).

Haug-Schnabel und Bensel (2013) von der Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen fordern für die Altersgruppe der Unter-Dreijährigen eine Maximalgruppengröße von acht Kindern und für Gruppen von Kindern von drei bis sechs Jahren eine von maximal 18 Kindern (vgl. Viernickel/Fuchs-Rechlin 2016, S. 49).